In Deutschland gehören Immobilien zu den wertvollsten Vermögenswerten. Haus erben, Wohnung erben – die Zahl der jährlich vererbten Immobilien (generationenübergreifende Übertragungen) wird vom Unternehmen Statista mit rund 430.000 prognostiziert. Einfamilienhäuser machen hiervon 47% aus, 26% sind Eigentumswohnungen. Jeweils knapp 10% fallen auf Zweifamilienhäuser und unbebaute Grundstücke und den Rest bilden Mehrfamilienhäuser und sonstige Objekte. In 46% der Erbfälle wird mindestens eine Immobilie übertragen. Enthält eine Erbschaft Immobilien, werden im Durchschnitt 1,6 Objekte vererbt.
Wer eine Immobilie erbt, kann mit einigen Herausforderungen konfrontiert werden. Neben dem zeitlichen Aufwand für die Eigentumsübertragung entstehen für die Erben Kosten für die Übertragung und den Unterhalt. In diesem Artikel zeigen wir, worauf Erben achten sollten und welche Schritte notwendig sind, um eine Immobilienerbschaft erfolgreich abzuwickeln. Da jede Erbschaft einen individuellen Einzelfall darstellt raten wir grundsätzlich zu einer Beratung durch einen Steuerberater oder einen Fachanwalt für Erbrecht.
Kurz erklärt in 30 Sekunden
Das Wichtigste im Überblick: Zum Thema Wohnung oder Haus erben
- Erben von Immobilien werden bereits mit dem Erbfall deren Eigentümer
- Ein Erbschein weist die Erben rechtmäßig als solche aus – für dessen Beantragung gibt es keine Fristen
- Wer das Erbe ausschlagen will hat dafür ab dem Erbfall 6 Wochen Zeit
- Mit der Beantragung des Erbscheins kann das Erbe nicht mehr ausgeschlagen werden: Vorsicht bei Schuldenübernahme
- Ein Erbschein wird nur benötigt, wenn kein notarielles Testament vorliegt und sich die Erben nicht anderweitig ausweisen können
- Wer keinen Erbschein benötigt spart die Kosten für dessen Ausstellung (einige Hundert bis einige Tausend EURO)
- Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch ist innerhalb von 2 Jahren kostenfrei
- Eine Spekulationsfrist wird mit dem Nachlass vererbt und muss beim Verkauf berücksichtigt werden
- Bei der Erbschaftssteuer können Freibeträge genutzt werden – nur der übersteigende Vermögensteil ist erbschaftsteuerpflichtig
Was muss ich tun, wenn ich eine Wohnung oder ein Haus geerbt habe?
Zunächst sollten die Erben herausfinden, ob der Erblasser ein Testament hinterlassen hat. Wenn dies der Fall ist, gilt es das Testament sorgfältig zu lesen und zu prüfen, wer als Erbe der Immobilie eingesetzt wurde. Wenn kein Testament vorliegt, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. In diesem Fall erben die nächsten Verwandten des Verstorbenen.
Unser Tipp zum Thema Erbschein:
Finden Sie zunächst heraus, ob Sie einen Erbschein benötigen. Für Erben von Grundstücken und Immobilien gilt: Nur wenn es ein notarielles Testament gibt, benötigen Sie keinen Erbschein für die Eigentumsumschreibung im Grundbuch. In diesem Fall können Sie sich die nicht unerheblichen Kosten für die Ausstellung des Erbscheins sparen.
Einen Erbschein benötigen Sie grundsätzlich immer dann, wenn Sie sich als Erbe vor Behörden, Ämtern, Banken und Versicherungen nicht durch andere Dokumente ausweisen können oder wenn es Unstimmigkeiten darüber gibt, wer tatsächlich Erbe wird.
Wie beantrage ich einen Erbschein?
Grundsätzlich kann jeder einen Erbschein beantragen, wenn davon auszugehen ist, dass ein Anspruch auf das Vermögen des Verstorbenen besteht. In jedem Fall müssen die feststehenden Erben formal einen Antrag auf den Erbschein stellen.
Was ist ein Erbschein? Ein Erbschein ist ein amtliches Zeugnis darüber, den Erben als rechtmäßigen Eigentümer eines Erbes auszuweisen. Erben brauchen diesen Nachweis als Legitimation gegenüber Banken, Versicherungen oder Behörden und zum Beispiel auch gegenüber Mietern, im Fall einer geerbten Immobilie. Für den Fall, dass es mehrere Erben gibt, werden im Erbschein die Namen aller Erben und die Höhen ihrer jeweiligen Erbteile aufgeführt.
Beantragt wird der Erbschein beim Nachlassgericht (Sitz am Amtsgericht) am Wohnort des Verstorbenen. Dafür müssen die Erben eine Sterbeurkunde, je nach Verwandtschaftsgrad zum Erblasser auch weitere Dokumente, wie die Geburts- oder Heiratsurkunde, und gegebenenfalls das Testament vorlegen.
Es gibt einen
- Erbschein für Alleinerben: Hier erbt eine Person den kompletten Nachlass
- gemeinschaftlichen Erbschein: In dem alle Mitglieder einer Erbengemeinschaft mit ihrem jeweiligen Erbanteil aufgeführt sind (352a FamFG).
Nachdem der Erbschein vom zuständigen Nachlassgericht ausgestellt wurde, können die Erben eine Immobilie beim Grundbuchamt auf sich umschreiben lassen.
Unbedingt beachten vor der Beantragung des Erbscheins:
Mit dem Beantragen des Erbscheins nehmen Sie das Erbe automatisch und unwiderruflich an – auch die gegebenenfalls damit verbundenen Schulden. Die Erbschaft kann dann nicht mehr ausgeschlagen werden.
Unterlagen, Kosten und Fristen für die Beantragung des Erbscheins
Erbschein beantragen Unterlagen: Das Amtsgericht verlangt folgende Unterlagen (Originale oder beglaubigte Kopien) bei der Antragsstellung des Erbscheins:
- Personalausweis oder Reisepass
- wenn vorhanden: Testament oder Erbvertrag
- Sterbeurkunde der verstorbenen Person
- Familienstammbuch zur Dokumentation der Verwandtschaft
- Geburtsurkunden aller Erben und gegebenenfalls Sterbeurkunden vorverstorbener Erben
- Namen und Anschriften aller Miterben
- Güterstand (bei Eheleuten) oder den Vermögensstand (bei eingetragenen Lebenspartnerschaften)
Erbschein Fristen: Müssen beim Beantragen des Erbscheins Fristen eingehalten werden? Der Gesetzgeber hat keine Fristen für die Beantragung eines Erbscheins festgelegt. Sie können diesen folglich auch noch Jahre nach der Erbschaft beantragen. Sie sollten sich jedoch darüber informieren, wie es sich mit den Verjährungsfristen einiger wichtiger Ansprüche verhält. Zum Beispiel verfällt der Pflichtteilsanspruch derzeit nach drei Jahren. Möchten Sie das Erbe ausschlagen, verbleiben Ihnen hierfür sechs Wochen ab dem Tod des Erblassers.
Für die Bearbeitungsdauer des Erbscheins beim zuständigen Amtsgericht sollten Sie mit 4 Wochen bis zu einigen Monaten rechnen.
Erbschein Kosten: Was kostet ein Erbschein? Für die Ausstellung des Erbscheins verlangt das Nachlassgericht Gebühren. Diese sind gestaffelt, hängen vom Wert des gesamten Nachlasses ab und sind in der Gebührentabelle B zum Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) festgelegt. Schulden werden vom Nachlasswert teilweise in Abzug gebracht. Zusätzlich müssen die Erben beim Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben abgeben. Hierbei entstehen abermals Kosten in derselben Höhe gemäß der GNotKG-Gebührentabelle.
Beispiel für Kosten Ausstellung Erbschein: Sie haben beispielsweise einen Nachlass im Wert von EUR 500.000.- geerbt. Dann fallen für den Erbschein inklusive der eidesstattlichen Erklärung Gesamtkosten in Höhe von zweimal 985 EURO an: Insgesamt 1.870 EURO.
Übersicht: Kosten für Erbschein
Wert Nachlasses Gesamtkosten
bis 200.000 Euro 870 Euro
bis 500.000 Euro 1.870 Euro
bis 1 Million Euro 3.470 Euro
Mit welchem Wert gehen Immobilien in den Nachlass ein? Wenn Sie ein Haus erben oder eine Wohnung erben sollten Sie beim Nachlassgericht einen möglichst realistischen Wert für die Immobilie angeben. Um sicher zu gehen, kann ein Gutachter mit der Bewertung der geerbten Wohnung oder des geerbten Hauses beauftragt werden. Hierbei kommt das Verkehrswert- oder Ertragswert-Verfahren zum Einsatz. Letzteres wird bei vermieteten Immobilien angesetzt. Für den Fall, dass ein Gutachter die Wertermittlung übernimmt, fallen weitere Kosten an. Diese trägt der Antragsteller des Erbscheins zusätzlich zu den Gerichtskosten.
Wichtig zu wissen: Gewinnt das Nachlassgericht den Eindruck, dass der Wert der Immobilie von den Erben zu niedrig angesetzt wurde, so hat das Nachlassgericht die Möglichkeit den Wert der Immobilie selbst festzulegen.
Wie werde ich Eigentümer der geerbten Immobilie?
Nach dem deutschen Erbrecht werden die Erben bereits mit dem Erbfall Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers und damit Eigentümer des gesamten Nachlasses (§1922 BGB) inklusive etwaiger Immobilien.
Im Fall der geerbten Immobilie ist damit der im Grundbuch eingetragene Eigentümer falsch. Deshalb muss das Grundbuch entsprechend in der Abteilung I berichtigt werden. Hierzu stellen die Erben beim Grundbuchamt einen Antrag auf Eigentumsumschreibung. Das Grundbuchamt benötigt hierfür üblicherweise den Erbschein, alternativ eine beglaubigte Kopie des notariellen Testaments, aus dem die Erben hervorgehen, oder einen Erbvertrag nebst dem Eröffnungsprotokoll. Nach erfolgreicher Prüfung der Unterlagen wird das Grundbuchamt die Eigentumsumschreibung vornehmen.
Unser Tipp zum Kosten sparen beim Grundbucheintrag:
Die Kosten für die Umschreibung im Grundbuch sind vermeidbar. Wenn sie Ihren Antrag beim Grundbuchamt innerhalb von 2 Jahren nach dem Erbfall stellen, fallen hierfür keine Kosten an. Bei einem geerbten Haus im Wert von beispielsweise 650.000 Euro, lassen sich bei einer Umschreibung innerhalb der Zwei-Jahres-Frist 1.175 Euro sparen.
Sollten Sie vorhaben, die geerbte Immobilie zeitnah zu verkaufen, ist eine Grundbuchberichtigung nicht zwingend erforderlich. Sie sollten das Grundbuchamt aber hierzu informieren. Der Käufer kann im Zuge der notariellen Kaufvertragsabwicklung direkt als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen werden.
Die wesentlichen Kosten beim Erben einer Immobilie auf einen Blick
Welche Kosten entstehen, wenn ich eine Wohnung oder ein Haus erbe? Wer eine Immobilie geerbt hat, wird mit dem Eintritt des Erbfalls Eigentümer des Objekts und übernimmt damit auch die volle wirtschaftliche Verantwortung für das Objekt. Ab diesem Zeitpunkt müssen somit sämtliche laufende Zahlungsverpflichtungen von den Erben bedient werden.
Laufende Kosten für eine geerbte Immobilie:
- Grundsteuern
- Abschlagszahlungen für Strom, Wasser, Heizung
- Kosten für Telefon und Internet
- Gebühren für die Müllabfuhr
- Wohngebäudeversicherung und gegebenenfalls Hausratversicherung
- Darlehensraten für Hypothekendarlehen, im Fall dass das Objekt nicht schuldenfrei ist
Je nach weiterer Verwendung der geerbten Immobilie sollten Sie eventuell zusätzliche Kosten für eine anstehende Haushaltsauflösung berücksichtigen. Unser Rat: Beschaffen Sie sich umgehende die entsprechenden Unterlagen zum geerbten Objekt. So gewinnen Sie schnell einen Überblick über die Höhe und Zeitpunkte der laufenden Kosten.
Kosten für den Erbschein: Beim Nachlassgericht entstehen für die Ausstellung des Erbscheins und die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung Gebühren. Diese hängen ab vom Wert der Immobilie (des gesamten Nachlasses) und bemessen sich an der Gebührentabelle zum Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG). Wenn ein notarielles Testament vorliegt und die Erben sich durch entsprechende Dokumente ausweisen können, wird nicht in jedem Fall ein Erbschein benötigt. Die Kosten für die Ausstellung des Erbscheins können dann eingespart werden.
Kosten für die Eigentumsumschreibung im Grundbuch: Innerhalb der Frist von 2 Jahren nach dem Erbfall fallen hierfür keine Kosten an. Danach fallen Gebühren an nach der Gebührentabelle zum Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) und dem Wert für das geerbte Haus oder die geerbte Wohnung.
Spekulationssteuer beim Verkauf: In welchen Fällen wird Spekulationssteuer beim Verkauf einer geerbten Immobilie fällig? Beim Verkauf einer geerbten Immobilie fällt Spekulationssteuer grundsätzlich immer dann an, wenn dieser vor dem Ende der Spekulationsfrist erfolgt.
Sonderfall Spekulationsfrist bei geerbten Immobilien:
Im Fall, dass Sie ein Haus erben oder eine Wohnung erben wird die Spekulationsfrist mit dem Nachlass vererbt. Als Stichtag für die Berechnung der Spekulationsfrist gilt damit weiterhin das Kaufdatum der Immobilie (Kaufvertrag) durch den Erblasser und nicht der Eintritt des Erbfalls.
Im Allgemeinen beträgt die Spekulationsfrist bei Immobilien 10 Jahre und ist definiert als der Zeitraum zwischen dem Datum des Kauf- und des Verkaufsvertrages. Allerdings unterscheidet der Gesetzgeber zwischen vermieteten (fremdgenutzt) und selbstgenutzten Immobilien:
- Bei vermieteten Immobilien gilt die Spekulationsfrist von 10 Jahren. Wenn beispielsweise die fremdgenutzte Wohnung vom Erblasser vor 8 Jahren gekauft wurde, fällt deren Verkauf noch in die Spekulationsfrist und ein erzielter Verkaufsgewinn wäre somit einkommensteuerpflichtig.
- Beim Verkauf einer eigengenutzten Immobilie gibt es einen Sonderfall. Wurde das Objekt in den beiden Kalenderjahren vor dem Eintritt des Erbfalls vom Erblasser selbst bewohnt, so bleibt der Verkauf durch den Erben steuerfrei.
Es empfiehlt sich, vor einem Verkauf einen Steuerberater zu konsultieren, um die steuerlichen Auswirkungen des Verkaufs genau zu kennen.
Erbschaftssteuer: Die Erbschaftsteuer wird grundsätzlich auf den Wert des geerbten Gesamtvermögens, folglich inklusive gegebenenfalls einer geerbten Immobilie, erhoben. Der Freibetrag für die Erben hängt vom Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser ab. Ehepartner haben einen Freibetrag von 500.000 € und die Kinder jeweils einen Freibetrag von 400.000 €. Bei entfernten Verwandten oder nicht verwandte Personen fallen die Freibeträge wesentlich geringer aus.
Wenn der Wert des gesamten geerbten Vermögens inklusive der geerbten Immobilie den jeweiligen Freibetrag übersteigt, muss auf den Differenzbetrag Erbschaftsteuer gezahlt werden. Im Fall einer geerbten Immobilie ist hierbei wiederum der ermittelte Verkehrswert zugrunde zu legen.
Die Erben sollten daher prüfen, ob sie Erbschaftsteuer zahlen müssen und wie hoch diese ausfallen wird. Auch zum Thema Erbschaft und Erbschaftssteuer sollten Sie sich von einem Fachanwalt oder Steuerberater beraten lassen.
Haus erben – Was es sonst noch zu berücksichtigen gilt
Wenn Sie eine Wohnung oder ein Haus erben, findet grundsätzlich ein Eigentümerwechsel statt. Die Erben werden mit dem Erbfall die neuen Eigentümer der Immobilie. Wer ein älteres Haus kauft oder erbt, muss dieses nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) innerhalb von zwei Jahren gegebenenfalls energetisch sanieren. Mehr zu dem Thema Haus erben und Sanierungspflicht nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) erfahren Sie in unserem Blogartikel Sanierungspflicht bei Eigentümerwechsel.